Lektion IV. Das Bildungssystem in Deutschland
1. Das Schulssystem. Struktur. Kleine Überblick über die Sekundarstufe I.
2. Sekundarstufe II. Berufliche Bildung: duales System
3. Tertiär- und Quartiärbereich
4. Bildungspolitik in Deutschland
1. Das Schulssystem. Kleine Überblick über einzelne Schulstufen. Das Bildungssystem in Deutschland ist vertikal in vier bzw. fünf Stufen gegliedert:
1. Primarbereich : Grundschule
2. Sekundarbereich I : Hauptschule, Realschule, Gymnasium oder Gesamtschule
3. Sekundarbereich II : Gymnasiale Oberstufe oder berufsbildende Schule
4. Tertiärbereich : Hochschulen, Berufsakademien, Fachakademien und Fachschulen
5. Quartärbereich: Private und berufliche Weiterbildung nach der Berufsausbildung
Primarstufe – Sie umfasst die ersten vier Schuljahre, die in der Grundschule (oder bereits in der Förderschule) verbracht werden. Die Grundstufe besuchen alle Kinder gemeinsam. Danach trennen sich ihre Wege. Sie haben die Wahl zwischen 4 Typen von weiter führenden Schulen des 1.Sekundarbereichs. Das sind: das Gymnasium, die Realschule, die Hauptschule oder die Gesamtschule. Viele besuchen heute aber zunächst die Orientierungsstufe (Klasse 5 und 6), in der sie ihre Entscheidung für einen bestimmten Schultyp noch überdenken oder ändern können. Gymnasium ist eine stark theoretisch ausgerichtete Schulform für die Jungen und Mädchen, die später in der Regel an einer Universität oder Fachhochschule studieren wollen. Das Gymnasium führt zur „Hochschulreife“ (Abitur). Das Abitur ist eine Vorraussetzung für den Zugang zu den Hochschulen (Universität, technische Hochschule, etc.) Realschule: gemischt theoretisch-praktisch ausgerichtete Schule für die Jungen und Mädchen, die später einen höher qualifizierten Beruf erlernen wollen. Das Abschlusszeugnis, die „Mittlere Reife“ führt zur mittleren Laufbahn in Wirtschaft und Verwaltung und ermöglicht den Besuch einer Fachoberschule, die dann zur „Fachoberschulreife“ führt. Hauptschule: Schule für die Jungen und Mädchen, die später einen qualifizierten praktischen Beruf in Handwerk, Industrie und Handel anstreben. Deshalb ist diese Pflichtschule für alle Kinder, die keine andere Schulform im Bereich der Sekundarstufe I gewählt haben, sehr praktisch ausgerichtet, z.B. mit den Fächern Technik, Haushaltslehre, Wirtschaftslehre und der Durchführung von Betriebspraktika. Gesamtschule: Schule, in der die vorgenannten Schulformen gemeinsam enthalten sind. Oder: alle Schulformen unter einem Dach und einer Leitung.
Sonderschule: Kinder und Jugedliche, die wegen einer Behinderung in den allgemeinen Schulen nicht ausreichend gefördert werden können, werden an Sonderschulen unterrichtet. Es gibt Schulen für die verschiedenen Behinderungsarten. Teilweise werden behinderte Kinder und Jugendliche an Regelschulen in integrierten Klassen unterrichtet. Die Schulpflicht gilt auch uneingeschränkt auch für sie.
In der Sekundarstufe I werden, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, die folgenden Fächer unterrichtet: die Hauptfächer Deutsch, Mathematik, Englisch, Französisch, Latein (vereinzelt Spanisch, Griechisch), die naturwissenschaftlichen Fächer Biologie, Physik, Chemie, die gesellschaftlichen Fächer Geschichte/Politik, Geographie, Sozialkunde, Polytechnik. Das Fach Religionslehre ist in den meisten Bundesländern verbindliches Lehrfach. Dazu kommen je nach Angebotsmöglichkeiten der einzelnen Schulen frei wählbare Arbeitsgemeinschaften wie Phototechnik, Chor, Orchester, Tanz, Umweltschutz und ähnliche Fächer. Die 1. Sekundarstufe endet dabei mit dem Hauptschulabschluss oder der mittleren Reife. Letztere berechtigt – versehen mit entsprechendem Qualifikationsvermerk – zum Eintritt in die gymnasiale Oberstufe.
Am Ende jedes einzelnen Schuljahres erhält jede Schülerin/jeder Schüler ein Ziffernzeugnis, das über seinen Leistungsstand informiert und darüber, ob sie oder er die nächsthöhere Klasse besuchen kann. Das Abschlußzeugnis gibt Auskunft darüber, ob das Bildungsziel der Schulform erreicht wurde und in welcher Weise die Ausbildung in der Sekundarstufe II fortgesetzt werden kann.
2. Berufliche Bildung beginnt im 2. Sekundarbereich und bezeichnet die so genannte Oberstufe, die aus dem dualen System von Berufsausbildung und Berufsschule, Berufsvorbereitungsjahr, Berufsfachschule, Fachschule, Fachoberschule und des Beruflichen Gymnasiums, aber auch die gymnasiale Oberstufe besteht. Wer in Deutschland einen Beruf erlernt, tut dies meist im dualen System der Berufsausbildung. Dual deshalb, weil die Berufsausbildung sowohl im Betrieb als auch in der Berufsschule stattfindet. Im Betrieb erhält der Auszubildende eine überwiegend praktische Ausbildung. In der Berufsschule wird die betriebliche Ausbildung durch einen theoretischen Unterricht ergänzt. Diese Kombination von Theorie und Praxis garantiert die international anerkannte hohe Qualifikation der deutschen Handwerker und Facharbeiter. Die Ausbildungsberufe im dualen System werden in enger Zusammenarbeit von Bund, Ländern und den Sozialpartnern festgelegt. Die Inhalte der Ausbildung orientieren sich an den Anforderungen des Arbeitsmarkts und sichern durch eine umfassende fachtheoretische Qualifizierung die berufliche Mobilität der Jugendlichen. Je nach Beruf dauert die Ausbildung zwischen 2 und 3 einhalb Jahren. Finanziert wird das duale System von den Betrieben (Ausbildungsvergütung) und vom Staat (Kosten für Berufschule). Es gibt 2 Merkmale, die das duale System von der anderen rein schulischen Ausbildung unterscheiden: 1)gelernt wird an drei bis vier Wochentagen im Betrieb und 2) an ein bis zwei Tagen in der Berufsschule.Der Abschluss im dualem System ist die Grundlage für die Weiterbildung zum Meister und die Gründung eines eigenen Handwerksbetriebs
3. Zu dem Tertiärbereich gehören die Universitäten, Kunst- und Musikhochschulen, Hochschulen, Fachhochschulen und Berufsakademien. Die wesentliche Aufgabe der Hochschulen besteht in der Forschung, dem Schaffen von neuem Wissen, der Lehre, der Vermittlung von Wissen und Kompetenzen im Studium und der Weiterbildung sowie dem Verleihen akademischer Grade. Hierzu sind die Hochschulen in verschiedene Fakultäten oder Fachbereiche differenziert, die verwandte Wissenschaften in sich vereinigen. Hinzu kommen zahlreiche Verwaltungs- und Serviceeinrichtungen an jeder einzelnen Hochschule.
Quartärbereich lässt sich zeitlich nicht genau festlegen und tritt in Form von privater und beruflicher Weiterbildung in Erscheinung. In Deutschland wird er als eigene Stufe betrachtet. Im Bereich der beruflichen Weiterbildung ist oft auch vom lebenslangen Lernen die Rede. Die üblichen Orte des Weiterbildungssektors sind die Bibliotheken, Volkshochschulen, Bildungszentren der Kirchen, Gewerkschaften und Kammern, private und betriebliche Bildungseinrichtungen, Hochschulen und Abendgymnasien.
4. Bildungspolitik in Deutschland. Laut Grundgesetz ist die Bildungspolitik Sache der Bundesländer (Kulturhoheit). Dies hat dazu geführt, dass sich die Schulsysteme in Deutschland teilweise stark zwischen den Bundesländern unterscheiden. Durch die regelmäßigen Kultusministerkonferenzen wird versucht, die wichtigsten Dinge einheitlich zu regeln. Dazu gehören unter anderem die Dauer der Schulferien und ihre Terminierung sowie die Aufteilung eines Schuljahres. Unterschiede gibt es bezüglich der Lehrpläne, der Abschlussprüfungen am Gymnasium, der Anzahl von Schuljahren (12 oder 13 Jahre), dem Fächerangebot, den Schultypen und beim Übergang von der Grundschule in eine weiterführende Schule. Vereinzelt gibt es aber auch innerhalb eines Bundeslandes Unterschiede: So ist im größten Teil Baden-Württembergs erste Fremdsprache Englisch, nur entlang der Grenze zu Frankreich ist es Französisch.
Der Großteil des deutschen Bildungssystems befindet sich in staatlicher Trägerschaft und damit in der Hand der Länder – das bedeutet, dass die einzelnen Bundesländer einen Großteil der Bildungsangebote finanzieren und organisieren. Dabei gehört es in Deutschland zu den Bestimmungen, die im Grundgesetz festgelegt sind, dass die schulische Ausbildung von der Primarstufe über die Sekundarstufe I bis zur Sekundarstufe II für alle kostenlos sein muss. Hier dürfen die Länder keine Gebühren erheben.
Anders sieht es bei den anderen Bildungsstufen aus. Die Frühkindliche Bildung (Kindergarten) wird zum Beispiel von den Städten und Kommunen organisiert, die dafür unterschiedlich hohe Gebühren verlangen. Und auch im Bereich der Tertiärbildung fallen seit einigen Jahren in manchen Bundesländern Gebühren an. Diese Studiengebühren variieren dabei in ihrer Höhe zwischen den Ländern und teilweise auch zwischen den einzelnen Hochschulen.
Um zu vermeiden, dass durch die Studiengebühren Abiturienten von einem Hochschulstudium abgeschreckt werden, hat man parallel dazu Finanzierungsmöglichkeiten eingerichtet. Der Quartärbereich der Bildung wird ausschließlich privat finanziert und größtenteils auch organisiert. Dabei werden die Kosten für berufliche Weiterbildung häufig von den jeweiligen Firmen getragen.
Fragen zum Inhalt
1. Aus wievielen Stufen besteht das deutsche Bildungssystem, nennen Sie diese.
2. Wie viele Stufen umfasst die Primarstufe?
3. Was bedeutet die Sekundarstufe I?
4. Erklären Sie den Begriff „Orientierungsstufe“.
5. Wodurch unterscheiden sich die verschiedenen Schulformen in der I.Sekundarstufe? Beschreiben Sie diese.
6. Was wird in der I. Sekundarstufe gelernt?
7. Womit endet sich die Sekundarstufe I.?
8. Worin besteht die Sekundarstufe II ?
9. Was bedeutet „das duale System“ der Ausbildung?
10. Beschreiben Sie den Tertiärbereich und Quartärbereich.
11. Wie ist die Bildungspolitik in Deutschland organisiert?
12. Welche Schulformen sind gebührenfrei und welche nicht.
13. Vergleichen Sie das deutsche und das moldauisches Schulsystem. Finden Sie Ähnlichkeiten und Unterschiede.