Fremdsprachenunterricht vs. Erwerb übersetzerischer Kompetenz
Der Erwerb übersetzerischer Kompetenz kann erst erfolgen, nachdem man eine oder mehrere Fremdsprachen erlernt hat.
An Hochschuleinrichtungen, die eine Ausbildung für Übersetzer anbieten, muss der Bewerber den Nachweis der Hochschulreife bzw. eines Hochschulabschlusses erbringen, um sich einschreiben zu können. Wer sich anschickt, die Kunst der Übersetzung zu erlernen, hat in beiden Fällen bereits mehrere Jahre lang Sprachen studiert.
Daher ist es für den zukünftigen Übersetzer grundlegend, sich einige fundamentale Unterschiede zwischen dem Erwerb fremdsprachlicher Kompetenz und übersetzerischer Kompetenz bewusst zu machen.
Die Übersetzung ist neben dem Diktat, mündlichen Übungen zum Textverständnis, Konversation und Grammatik eines der gängigen Instrumente im Fremdsprachenunterricht. Es fällt nicht in den Rahmen unserer Zuständigkeit oder in die Zielsetzungen dieses Kurses, die Zweckmäßigkeit der Übersetzung als Instrument des Fremdsprachenerwerbs zu beurteilen. Von vorrangigem Interesse für unseren Zusammenhang ist zunächst die Feststellung, dass Übersetzungen, die zum Erlernen einer Sprache angefertigt werden, einen ganz anderen Ansatz haben, als solche, die einen Text erstellen sollen, und genau das sollte man in einem fortgeschrittenen Übersetzungskurs lernen.
Im Fremdsprachenunterricht wird der Ausgangstext für die Übersetzung oft ad hoc (lat. zu diesem Zweck, dafür) kreiert oder speziell für diesen Zweck überarbeitet, damit der Lernende mit bestimmten Schwierigkeiten konfrontiert wird, während andere heraus gefiltert sind. Auf diese Weise hat der Schüler nur die Probleme zu bewältigen, die dem jeweiligen Schwierigkeitsgrad des Kursprogrammes entsprechen.
Die Texte, die den SchülerInnen vorgelegt werden, sind häufig im Laufe der Jahre immer wieder dieselben, wobei die Korrektur für den Lehrenden, der bereits weiß, welche Fehler am häufigsten auftreten und sich auf diese konzentriert, stellenweise fast zum automatischen Vorgang wird. Für die Übersetzung eines Satzes gibt es theoretisch verschiedene akzeptable Lösungen, aber alle müssen eine Anforderung erfüllen: Die SchülerInnen müssen den Dozenten davon überzeugen, dass sie sich bestimmte Kenntnisse angeeignet und die Bedeutung sowie den Satzbau des betreffenden Satzes verstanden haben.
Dieser Punkt, der für den Übergang vom Fremdsprachenerwerb zum Studium der Übersetzung von grundlegender Bedeutung ist, wurde von einem der berühmtesten Übersetzungswissenschaftler der Welt, J. Delisle, sehr einleuchtend behandelt. Wie er 1984 schrieb (L'analyse du discours comme méthode de traduction. Initiation à la traduction française de textes pragmatiques anglais. - Éditions de l'Université d'Ottawa; 1984), hat die im Fremdsprachenunterricht erstellte Übersetzung wenig mit der professionellen Übersetzung gemeinsam. Schon der Zweck ist ein anderer; während sich die Übersetzung an der Schule in die Methode des Fremdsprachenunterrichts integriert ist, unterliegt die professionelle Übersetzung den Gesetzmäßigkeiten der Kommunikationsprozesse. Da die schulische Übersetzung der professionellen Übersetzung definitionsgemäß vorausgeht, müsse sich der methodische Ansatz beim Erwerb übersetzerischer Kompetenz an den spezifischen Eigenschaften und Zielsetzungen der professionellen Übersetzung orientieren, schreibt Delisle, und nicht den didaktischen Aufbau der schulischen Übersetzung zugrunde legen. Die geistige Verarbeitung von Textaussagen mit der Absicht, diese unter Berücksichtigung der kommunikationstechnischen Imperative in der Zielsprache neu zu formulieren, ist etwas ganz anderes als die Assimilierung einer Fremdsprache bzw. einer Kultur, die das Habitat für diese Sprache darstellt.
In der Fremdsprachendidaktik hat die Übersetzung den Zweck, den Wortschatz der Lernenden zu erweitern und sie mit den häufiger vorkommenden Satzstrukturen vertraut zu machen, damit sie sich Modelle aneignen können, die auf verschiedene Satzzusammenhänge anwendbar sind.
In der Übersetzungsdidaktik muss vor allem gesagt werden, dass der Text nicht artifiziell konstruiert wurde, d.h. nicht gezielt zur Bewältigung einer bestimmten sprachlichen Hürde konstruiert wurde, sondern dass es sich um einen "echten" Text handelt, der von einem Schreibenden oder Sprechenden spontan und ohne didaktische Hintergedanken formuliert wurde.
Das hat verschiedene Konsequenzen:
Bei spontan entstandenen Formulierungen, die von Muttersprachlern stammen, kann es vorkommen, dass die Interpretation der Aussage schwierig, ja ambivalent wird, wenn sie aus ihrem Kontext (d.h. der Zusammenhang, in dem sie formuliert wurden) oder aus ihrem Ko-Text (die dem betreffenden Satz unmittelbar vorausgehenden oder auf ihn folgenden Aussagen) herausgerissen wird. Vgl. Ich habe einen Kater.
Eine weitere Konsequenz, die aus dem Unterschied zwischen scholastischen und authentischen Texten hervorgeht, betrifft die Instrumente, die bei der Übersetzung herangezogen werden können.
Im schulischen Zusammenhang verwendet der Lernende häufig zweisprachige Wörterbücher. Häufig enthalten sogar die Lehrbücher selbst im Anhang ein zweisprachiges Glossar mit all dem Wortschatz, der zur Bewältigung der Übungen notwendig ist. Nachdem einmal festgelegt wurde, wie viele Vokabeln der Schüler kennen sollte, liefert der Autor des Kurses durch dieses praktische Instrument Übersetzungen mit, die zwar nicht die einzig mögliche Lösung für die Übertragung darstellen, den Lernenden aber dazu befähigen, alle Übungen auf die Art und Weise zu bearbeiten, die vom Autor selbst vorgesehen ist.
Mit anderen Worten wird für den Fremdsprachenunterricht zuerst ein System von Übungen und entsprechenden Texten erstellt, die innerhalb bestimmter Grenzen liegen (d.h. bestimmte Regeln, einen bestimmten Wortschatz behandeln), anschließend wird sodann ein Wörterbuch erstellt, das genau die Anforderungen dieses Systems erfüllen kann.
Übung
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Autor des
Fremdsprachenkurses Lehrbuch Wörterbuch
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Schüler
Wie aus obigem Schema ersichtlich ist, handelt es sich um ein geschlossenes System, um ein selbstreferenziales System, innerhalb dessen alle Gleichungen aufgehen und die Beurteilung der erworbenen Sprachkompetenz immer möglich ist. Aber gerade weil es ein geschlossenes System ist, hat es nicht notwendigerweise etwas mit dem Universum der Sprache zu tun, welches der Übersetzer vor sich hat: dies ist ein wesentlich weiter reichendes und offeneres System.
Eine dritte Konsequenz zwischen dem schulischen Text und dem authentischen Text besteht im Zwecke der Übersetzung. Wer für den Sprachunterricht übersetzt, soll ein Resultat hervorbringen, dass den Lehrenden von den eigenen Lernerfolgen überzeugt. Ein zu übersetzender Satz wird in der Regel nicht im Textzusammenhang beurteilt, sondern im Hinblick darauf, ob bestimmte Regeln bzw. Vokabeln angeeignet wurden. Ein Übersetzer müsste sich die Frage stellen, an welchen Empfänger, an welchen Leser sich diese Satzfolge richtet, um sie so zu formulieren, dass sie auch in der Zielsprache als Aussage Plausibilität erhält (vorausgesetzt, dass eine Plausibilität in der Ausgangssprache gegeben ist).
Ein Übersetzer müsste sich mit der Frage des Sprachregisters auseinander setzen, während es StudentInnen mit einer artifiziellen Sprachsituation zu tun haben, die aus einem ebenso artifiziellen, anonymen und für Lehrbücher typischen Sprachregister stammen.
Mit anderen Worten produzieren SchülerInnen im Fremdsprachenunterricht einen Satz, der beurteilt werden soll, während der Übersetzer einen Satz erstellen muss, der einen Gebrauchswert hat (der gelesen, gehört werden soll). Und damit dieser Zieltext auf die angemessenste Weise auf den Empfänger bzw. den Kontext abgestimmt wird, sind die wichtigsten Gesetze der Kommunikationstechnik zu berücksichtigen.
Das bedeutet nicht, dass sich der Übersetzer in bestimmten Fällen nicht auch vom Leser und eventuell vom Kritiker "beurteilt" fühlt. Das kann gelegentlich dazu führen, dass der Übersetzer Entscheidungen trifft, die mehr dem Sprachfluss des übersetzten Textes zugute kommen als seiner philologischen Glaubwürdigkeit. Und häufig gerät man so auf den Holzweg. Wer eine Übersetzung rezensiert, sollte dies nach reiflicher Überlegung tun und vor allem nicht nur die Übersetzung selbst untersuchen sondern auch das Original. Nur die Übersetzung eines flüssigen Textes muss flüssig sein.
Äquivalentlose Lexik und deren Wiedergabe bei der Übersetzung (nach Wladimir Kutz: Zur Auflösung der Nulläquivalenz russischsprachiger Realienbenennungen im Deutschen)
Es werden folgende Typen der Nulläquivalenz des Lexikons unterschieden: 1. die referentielle, 2. die lexikalisch-semantische und 3. die stilistisch-pragmatische Nulläquivalenz.
Die referentielle Nulläquivalenz äußert sich im Fehlen einer entsprechenden Bezugsgröße, eines Referens in der Wirklichkeit der ZS-Kommunikationsgemeinschaft, folglich auch im Fehlen eines entsprechenden Abbildes im System der in der ZS kodifizierten Abbilder und eines sprachlichen Formativs, z.B. unty, sovnarhoz.
Die lexikalisch-semantische Nulläquivalenz tritt infolge unterschiedlicher kognitiver Seg-mentierung der Wirkllichkeit spezifischer Bündelung von Merkmalen im Widerspiege-lungsprozess bei Trägern verschiedener Sprachen auf und äußert sich im Fehlen eines ko-difizierten Abbildes (obwohl ein vergleichbares Referens vorhanden ist) und eines Forma-tivs, z.B. potok, doprizyvnik, sturmovščina.
Die stilistisch-pragmatische Nulläquivalenz manifestiert sich im Fehlen eines entsprechenden Formativs mit korrelierenden stilistisch-pragmatischen Charakteristika, z.B. Petrovka, čitalka, šoferit', kulturnen'ko. Hierzu gehören auch Regionalismen einschließlich der regionalen Färbung der Aussprache wie šmat, piven', troški, gruppengebundene Idiolektteile, die sich in der Schaffung neuer Einheiten, in der Deformation der äußeren Form schon existierender Benennungen, ihre Verwendung mit neuen semantischen, stilistischen und konnotativen Elementen äußern, okkasionale Bildungen, bewusste oder unbewusste sprachliche Irregularitäten.
Die referentiell und lexikalisch-semantisch nulläquivalenten Benennungen mit einem di-rekten Bezug auf das soziokulturelle Milieu, werden als Benennungen mit Realiencha-rakter, die übrigen als Nulläquivalent ohne Realiencharakter betrachtet.
Als Realie (R) wird hier der jeweilige Ausschnitt der Wirklichkeit des QS-Kommunika-tionsgemeinschaft, als Realienabbild (RA) das Abbild dieses Abschnittes im Bewusstsein der Mitglieder der QS-Kommunikationsgemeinschaft, als Realienbenennung (RB) die sprachliche Benennung, die dieses Abbild kodifiziert, bezeichnet.
Die Nulläquivalenz kann translatorisch aufgelöst werden, und zwar durch Schaffung einer bzw. mehrerer ZS-Benennungen, oder referentiell überwunden – durch Übernahme des Typs der jeweiligen ursprünglich entsprechungslosen Erscheinung aus dem Geltungsbe-reich der QS-Kommunikationsgemeinschaft.
Die ZS-Entsprechungen von RB müssen aus kommunikativen Gründen auf der Basis bestimmter Transformationen der inneren Form der QS-Benennung geschaffen werden. Das im Bewusstsein der ZS-Empfänger fehlende Denotatswissen muss durch Schaffung von ZS-Benennungen, die besonders umfangreiche Information explizit ausdrücken, ausgeglichen werden, was in der Regel zur Erweiterung der zeichenhaften Repräsentation der QS-RB in der ZS führt.
Man unterscheidet folgende NÄ-Auflösungsverfahren:
1. Lehnübersetzung
Als Kriterium bei der Erfassung der Formenvielfalt in Bezug auf die Lehnübersetzung (Kalkierung) dürfte der Anteil von formal getreu übersetzten Teilen der äußeren Form der QS-RB am ehesten geeignet sein. Anhand des ermittelten Beispielmaterials lassen sich folgende Fälle unterscheiden:
(1) Totale formale Übereinstimmung der einzelnen Komponenten der QS-RB und deren ZS-Entsprechung (Brigade der ausgezeichneten Qualität) – totale konforme Lehnüber-setzung
(2) Lehnübersetzung, bei der einzelne Komponenten der QS-Benennung durch zu anderen Wortklassen zählende ZS-Einheiten wiedergegeben werden, da in der ZS eine Entspre-chung in der selben Wortklasse nicht vorhanden ist oder weil dieser Wechsel den Be-nennungsregeln bzw. - Konventionen entspricht (Staatliche Arbeitsreserven) – bedingt konforme Lehnübersetzung
(3) Wiedergabe, bei der die Verbindung einzelner Benennungskomponenten (Kongruenz) in der QS-RB und deren ZS-Entsprechungen mit Hilfe verschiedener Mittel – z.B. Präpositionen – gestaltet wird (Ministerium für Dienstleistungswesen) – propositional inkonforme Lehnübersetzung
(4) Lehnübersetzung, bei der einzelne Glieder folgte – lassen bzw. von nichtäquivalenten Einheiten wiedergegeben werden (hierbei sind die QS-RB erfasst, die 1 bis 2 Grund-morpheme aufweisen), z.B. технический паспорт – Maschinenpass – lexikalisch in-konforme Lehnübersetzung
(5) In diesem Falle werden die QS-RB erfasst, die 3 und mehr Grundmorpheme aufweisen und bei denen der Anteil von formal treu übersetzten Einheiten minimal ist: nur ein Grundmorphem (вечера трудовой славы – Treffen mit Bestarbeitern, детская комна-та милиции – Abteilung für Kinder- und Jugendkriminalität) – freie inkonforme Lehn-übersetzung
2. Analogieübersetzung
Die Verwendung eines Analogons als translatorisches Nulläquivalenz-Auflösungs-verfahren, die eines der am wenigsten untersuchten Verfahren darstellt, ist recht vielfältig und kann auf verschiedenen Abstraktionsebene (вещмешок – "Tornister") oder durch Ver-wendung eines in der ZS kodifizierten Oberbegriffs (МТС – "russische Emigrantenorgani-sation“, продотряд – "spezieller Trupp").
Die konforme Analogiesetzung äußert sich in der Herstellung von Entsprechungsbezieh-ungen zwischen einem ZS-Mikrozeichen, dessen potentielle bedeutungskonstituierende Zeicheninformation zu der der jeweiligen QS-RB in Analogiebeziehungen steht, und die-ser QS-RB. Z.B. суворовское (нахимовское) училище – Kadettenanstalt, частушки – Schnadahüpferl, иконостас – Lettner, казаки-разбойники – Räuber und Gendarm (Schampampel).
Im Falle der inkonformen Analogiesetzung wird das ZS-Zeichen mit leicht modifizierter äußerer Form (ohne Einführung neuer Stammmorpheme) verwendet: общепит – Organi-sation der Gaststätten (vgl. Gaststättenorganisation in der DDR). Die Besonderheit dieses Auflösungsverfahrens, das bei den Benennungen verwendet werden kann, die aus mehre-ren Wörtern bestehen, drückt sich darin aus, dass sie einen hohen Grad des evozierten Vorstellungsgehaltes im Bewusstsein der ZS-Empfänger – analog zur kAS – mit einem ge-wissen Signal verbindet, das besagt, dass es sich um einen nur ähnlichen Ausschnitt der Wirklichkeit handelt.
Bei der Analogiebildung wird die ZS-Benennung mit einer zwecks exakter Wiedergabe der QS-Zeicheninformation geänderten äußeren Form verwendet (городки – Wurfstabke-geln)
Die Analogiebildung erfordert zwar vom Translator ein besonders hohes Maß an sprachli-chen und kommunikativen Fähigkeiten, zugleich ist sie vorteilhaft vom Standpunkt des Empfängers: Sie entspricht weitgehend den Gesetzmäßigkeiten der Erschließung und Aneignung unbekannter Begriffsstrukturen auf der Grundlage der bekannten.
3. Lexementlehnung
Die Lexementlehnung, die hier als Übernahme eines (QS) fremdsprachigen Lexems durch Übernahme seiner äußeren sprachlichen Gestalt in die ZS und (eines Teils) seiner Bedeu-tung (potentiellen bedeutungskonstruierenden Zeicheninformation) definiert wird, umfasst eine recht komplizierte Problematik. Zu ihrer Klärung müsste die Übersetzungswissen-schaft unter schöpferischer Anwendung von Erkenntnissen der Psychologie, der Kommu-nikationswissenschaft usw.
1. getreue Wiedergabe der QS-RB durch die international übliche Umschrift (sog. biblio-thekarische Transkription oder eines der internationalen Transkriptionssysteme), z.B. manilovščina – Transliteration.
2. getreue Wiedergabe der QS-RB mit Hilfe nur des ZS-eigenen orthographischen Mate-rials, z.B. (die) Manilowschtschina – konforme Lexementlehnung.
3. Übernahme der QS-RB mit Hilfe des orthographischen Materials unter Bildung ZS-üblicher Konstituentensequenzen, z.B. sobol' – Zobel, strel'cy – Strelitzen, dača – Datsche, – assimilierende bzw. inkonforme Lexementlehnung.
Gegenwärtig ist die assimilierende Lexementlehnung in den russisch-deutschen Lehnbe-ziehungen nur in 2 Fällen zu empfehlen: bei phonematischer Entsprechungslosigkeit und bei der Entlehnung von Verben. Es gibt zwar Falle der lautlich-sequentiellen Adaption entlehnter Lexeme in der ZS (Datsche), derartige Veränderungen ergeben sich jedoch im Usus und würden die Kompetenzen des Translators bei der primären Nulläquivalenz-Auflösung überschreiten.
Die Transliteration stellt eigentlich nur eine erste potentielle Stufe des Entlehungsprozes-ses dar. Die mit Hilfe der Transliteration wiedergegebenen RB können nur als Vorschläge zur Lexementlehnung angesehen werden.
Die durch Transliteration geschaffenen ZS-Entsprechungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich im ZS-Text von den anderen Mikrozeichen durch die Besonderheiten ortho-graphischer Repräsentation "abheben". Durch diesen "Abstand" und durch die für die ent-lehnten Lexeme generell charakteristische Undurchsichtigkeit der inneren Form wird die relativ hohe (intralinquale) stilistisch-pragmatische Neutralität transliterierter fremdspra-chiger Lexeme bedingt.
Die entlehnten Benennungen zeichnen sich durch eine bislang wenig beachtete Eigen-schaft aus, die hier als die potentielle Zweischichtigkeit ihrer stilistisch-pragmatischen Charakteristika bezeichnet wird. Das sog. äußere Lehngut besitzt einerseits eine gewisse Ähnlichkeit mit den technischen Termini. Eine entlehnte Benennung dürfte weitgehend frei von den Faktoren sein, mit denen die eigensprachlichen Benennungen zwangsläufig verbunden sind (Polysemie, potentielle Einflüsse der inneren Form auf die eigentliche Zeicheninformation, Gefühlswerte und Konnotationen, Faktoren, die sich aus der Stellung des jeweiligen Abbildes unter den anderen ähnlichen und mit ihm zusammenhängenden Abbildern der Wirklichkeit ergeben). Andererseits wird jedoch diese potentielle Eigen-schaft nicht immer realisiert, was auf die Unterschiedlichkeit der Anwendungsbereiche der Termini und der RB, die als Reflexionen soziokultureller Erscheinungen in allen Kommu-nikationsbereichen verwandt werden, zurückzuführen sind.
4. Umschreibung
Als durchaus legitimes Verfahren der Translation stellt die Umschreibung, d.h. die "Wie-dergabe einer festen Einheit der QS mit einer zahlenmäßig unbegrenzten freien Kombina-tion von Zeichen der ZS" (O. Kade S. 73, u.a.a.O), also in der Regel nominal-verbale Kon-struktionen dar. Die Anwendung der Umschreibung, bei der jede QS-RB durch mehrere Umschreibungsvarianten wiedergegeben wird, ist als eine erste potentielle Stufe im Prozess der Lexikalisierung anzusehen. Dieser Prozess muss nicht immer mit der Aufnah-me des entsprechenden festen ZS-Mikrozeichens in den ZS-Zeichenvorrat abgeschlossen werden. Der Translator muss jedoch für solche mögliche Lexikalisierung günstige Vor-aussetzungen schaffen. Die äußere Form der Umschreibung muss sich demzufolge aus einem möglichst kompakten und klar wahrnehmbaren nominalen Kern und einer flexiblen Hülle zusammensetzen. Dadurch kann gesichert werden, dass bei einem entsprechenden Kommunikationsbedürfnis die flexible Hülle wegfallen und der nominale Kern (eventuell modifiziert) sich als eine ZS-Entsprechung mit fester äußerer Form lexikalisieren kann. Dies entspricht durchaus der Tendenz der komplexen Bezeichnungen zur semantischen und strukturellen Kondensation (Univerbierung)
Gruppen von RB
(1) semantisch unmotivierte RB (burka);
(2) RB mit kommunikativ hinreichender Gesamtbedeutung der unmittelbaren semantisch-en Konstituenten der Benennung (Ministerstvo bytovogo obsluživanja);
(3) RB mit kommunikativ nicht hinreichender (obwohl objektadäquater) Gesamtbedeutung der unmittelbaren semantischen Konstituenten der äußeren Form der Benennung: kras-nye sledopyty.
(4) RB mit nicht objektadäquater, irreführender Gesamtbedeutung der unmittelbaren se-mantischen Konstituenten der äußeren Form, z.B. čerta osedlosti, kursovka, tolkač